Sprachentwicklungsstörungen (SES)

Alle folgenden Störungsbilder werden auch mit geistig- und körperbehinderten Kindern durchgeführt.
 

"late-talker" (Therapie ab dem 2. Lebensjahr):

Als "late-talker" bezeichnet man Kinder, die mit 2 Jahren keine 50 Wörter sprechen und/oder keine Wortkombinationen (z.B." Mama Tür auf") bilden. Innerhalb der ersten 50 Wörter ist eine gute Wortartenverteilung wichtig (Verben, Nomen, Adjektive, relationale Wörter (auch, nochmal), Verbpartikel (auf, rein)). Wenn das Kind die 50- Wortschwelle mit einer guten Wortartenverteilung erreicht hat, wird der sogenannte Wortschatzspurt ausgelöst. Dabei lernt das Kind 10-15 neue Wörter pro Tag und die gesamte sprachliche Entwicklung wird angestoßen. Wird ein "late-talker" in dieser Phase nicht logoädisch behandelt, kann es später zu gravierenden sprachlichen Auffälligkeiten kommen, die einer längeren logopädischen Behandlung bedürfen. Aus diesem Grund ist die logopädische Therapie bereits im frühen Kindesalter bei "late-talkern" zu empfehlen.

In unserer Praxis angewandte Therapiekonzepte: LST-LTS (Lexikalisch- syntaktische Therapie für Kinder im Late-Talker-Staduim) nach Julia Siegmüller, Heidelberger Elterntraining nach A. Buschmann, Therapie nach Zollinger

 

Lexikon (Wortschatz, Wortaufnahme, Wortspeicherung, Wortfindung):

  • Störung der Wortaufnahme (Therapie ab dem 2. Lebensjahr):
    Kinder mit einer Wortaufnahmestörung können ein für sie neues Wort nach einmaliger Benennung nicht erfassen. Die Folge einer Wortaufnahmestörung ist häufig ein stark engeschränkter und wenig ausdifferenzierter Wortschatz. In der Therapie soll das schnelle Wortlernen ("fast-mapping-Prozess") ausgelöst werden, damit das Kind in der Lage ist, eine neue Bedeutung mit einem neuen Wort zu verknüpfen.
     
  • Störung der Wortspeicherung (Therapie ab dem 3. Lebejahr):
    Kinder mit einer Wortspeicherstörung können ein für sie neues Wort zwar aufnehmen, aber nicht ausreichend abspeichern. Die Folge ist auch hierbei ein eingeschränkter Wortschatz. In der Therapie sollen die Wortspeicherfähigkeiten des Kindes verbessert werden. 
     
  • Störung der Wortfindung (Therapie ab dem 5. Lebensjahr):
    Bei einer Wortfindungsstörung haben die Kinder Schwierigkeiten, ein ihnen eigentlich bekanntes Wort abzurufen. Es kommt zu einem verzögerten Wortabruf, Fehlbenennungen oder semantischen Umschreibungen (z.B. "das, mit dem man schneiden kann"). Diese Störung ist häufig bei Kindern mit "late-talker" Hintergrund zu beobachten und kann ab dem 5. Lebensjahr behandelt werden. In der Therapie wird das Kurzzeitgedächtnis und die phonologische Bewusstheit trainiert, um die Vernetzung des Wortes zu verbessern und somit den Wortabruf zu erleichtern.

In unserer Praxis angewandtes Therapieverfahren für oben beschriebene Störungsbilder: Patholinguistische Therapie (PLAN) nach Siegmüller und Kauschke

 

Semantik (Wortbedeutung)

  • Frühe semantische Störung (Therapie ab dem 3. Lebensjahr):
    Ab 3 Jahren sollten Kinder nach Kategorien sortieren können (z.B. Zuordnung zu Oberbegriffen). Sortieren ältere Kinder noch thematisch (z.B. Kleiderbügel gehört zu Kleidung) ist dies auffällig und sollte behandelt werden. In der Therapie werden semantische Merkmale mit dem Kind erarbeitet und taxonomische Strukturen (Bildung von Klassen, Ähnlichkeitsbeziehungen) aufgebaut.
  • Späte semantische Störung (Therapie ab dem 5. Lebensjar):
    Zeigen sich bei Kindern ab 5 Jahren Über- und /oder Untergeneralisierungen (z.B. Zitrone wird nicht zu Obst gezählt, Handtuch wird zu Kleidung zugeordnet) beim Sortieren von Begriffen, liegt eine späte semantische Störung vor. In der Therapie werden verschiedene semantische Relationen erarbeitet (z.B. Gegensätze, Teil- Ganzes- Beziehungen, Ober-/Unterbegriffe etc.).

In unserer Praxis angewandtes Therapieverfahren für oben beschriebene Störungsbilder: Patholinguistische Therapie (PLAN) nach Siegmüller und Kauschke

 

Grammatik

  • Syntax (Satzbau) (Therapie ab dem 2. Lebensjahr):
    Beim Satzbau können verschiedene Auffälligkeiten auftreten. Diese können sein: keine Wortkombinationen, Auslassen wichtiger Satzteile, Verb-Endstellung ("Die Katze die Maus fangen."), keine Verwendung von Artikeln (der, die, das), keine Produktion von Nebensätzen, Verwendung starrer und unflexibler Satzmuster. Wenn Auffälligkeiten des Satzbaus bestehen, sollten diese möglichst schnell behandelt werden, damit die weitere grammatische Entwicklung erfolgen kann. Besonders wichtig ist das Erlangen der Verb-Zweitstellung ("Die Katze fängt die Maus."). Diese sollte mit spätestens drei Jahren erreicht sein. Bei einigen Kindern (häufig bereits ältere Kinder, mehrsprachige Kinder, Kinder mit "late- Talker- Hintergrund") kann der Satzbau oberflächlich betrachtet korrekt wirken. Allerdings werden nur starre, unflexible Satzmuster mit wenig Nebensätzen produziert. Dabei handelt es sich um einen kompensierten Dysgrammatismus. Dieser sollte unbedingt behandelt werden.
     
  • Morphologie (Flexionsformen) (Therapie ab dem 3. Lebensjahr):
    Es können verschiedene morphologische Schwierigkeiten auftreten. Diese können sein: falsche Genusmarkierung (der, die, das), fehlerhafte Verbflexion ("Die Katze fangen eine Maus."), Schwierigkeiten der Kasusmarkierung (Akkusativ, Dativ) (z.B. "Ich sehe der Hund."; "Ich helfe die Oma."), Schwierigkeiten der Pluralmarkierung (Mehrzahl). Bereits im Vorschulalter sollten keine morphologischen Auffälligkeiten mehr bestehen. Ausschließlich die Dativmarkierung darf noch im frühen Schulalter Auffälligkeiten aufweisen.

In unserer Praxis angewandtes Therapieverfahren für die oben beschriebenen Störungsbilder: DYSTEL (Dysgrammatismustherapie - Effektivität und Lernkurven) nach Siegmüller, Patholinguistischen Therapieansatz (PLAN) nach Siegmüller und Kauschke

 

Textgrammatik (Therapie ab dem 8. Lebensjahr):

Bei einer Textgrammatikstörung kann der Aufbau (Makrostruktur) und/oder die Formulierung (Mikrostruktur) einer Geschichte auffällig sein. Wenn die Makrostruktur beeinträchtigt ist, kommt es zu Auslassungen wichtiger Inhalte und chronologischen Unstimmigkeiten. In der logopädischen Therapie werden die Bestandteile einer Geschichte mit dem Kind erarbeitet. Ist die Mikrostruktur betroffen, ist häufig unklar, wer die handelnde Person ist. Zudem werden Bindewörter (danach, weil, darum, etc.)  kaum verwendet. Auch dies kann in der logopädischen Therapie behandelt werden.

In unserer Praxis angewandtes Therapieverfahren:Patholinguistische Therapie (PLAN) nach Siegmüller und Kauschke

 

Phonologie (Therapie ab dem 3. Lebensjahr):

Bei einer phonologischen Störung kann es zu Lautauslassungen und/oder Lautersetzungen kommen.

Lautauslassung: z.B.: "_aus" statt "Haus"; "K_ebs" statt  "Krebs"

Lautersetzung: z.B.: "Tasse" statt "Kasse"; "Suh" statt "Schuh"

Bei einer rein phonologischen Störung bereitet die Aussprache (Artikulation) eines betroffenen Lautes keine Schwierigkeiten. Es kann jedoch zusätzlich eine phonetische Störung bestehen. Bei einer phonetischen Störung kann der Ziellaut nicht, oder nur fehlerhaft produziert werden (siehe: phonetische Störungen). In der logopädischen Therapie soll das Kind über das Hören die betroffenen Laute voneinander unterscheiden lernen. Erst im späteren Verlauf der Therapie wird das Sprechen der Laute geübt.

In unserer Praxis angewandte Therapiemethoden: P.O.P.T. (Psycholinguistisch Orientierte Phonologische Therapie) nach A. Fox-Boyer; Metaphon nach T. Jahn; Minimalpaartherapie

 

Auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung(Therapie ab dem 4. Lebensjahr)

Bei einer auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung liegt keine Einschränkung des Hörvermögens vor. Im Zuge der auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung kommt es zu Schwierigkeiten der sprachlichen Verarbeitung von Gehörtem. Es kann zu Auffälligkeiten der Wahrnehmung und Unterscheidung von Lauten (Identifikation, Diskrimination), der Phonologischen Bewusstheit (Reime, Wortlänge, Anlaut, Auslaut, etc.) und der Merkfähigkeit kommen. Eine auditive Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung kann im Zuge einer phonologischen Störung und einer Wortfindungsstörung auftreten. Aus einer auditiven Wahrnehmungs- und Verarbeitungsstörung kann sich eine Lese-Rechtschreibschwäche entwickeln. 

In unserer Praxis angewandte Therapiemethoden: N. Lauer, Siegmüller und Kauschke